21. März 2024 – Ewald Frie und „Ein Hof und elf Geschwister“
Prof. Dr. Ewald Frie, geboren 1962 in Nottuln, ist ein deutscher Historiker. Er lehrt seit 2008 als W3-Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen.
Ewald Frie wurde als das neuntes von elf Kindern einer katholischen Bauernfamilie im Münsterland geboren. Sein Vater war Rinderzüchter. Er studierte die Fächer Geschichte und Katholische Theologie an der Universität Münster. Von 1985 bis 1987 war er Museumsführer im Mühlenhof-Freilichtmuseum Münster. Den Magister legte er 1988 mit der Arbeit zum Thema Armenfürsorge der Stadt Münster und die Einführung des Elberfelder Systems ab. In den Jahren 1989 bis 1991 war er Wissenschaftlicher Volontär im Institut für westfälische Regionalgeschichte Münster. Er ist unter anderem Mitglied der Preußischen Historischen Kommission, ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (seit 2019), Mitglied des Arbeitskreises für Außereuropäische Geschichte und der Lamprecht-Gesellschaft.
Fries wissenschaftliche Schwerpunkte sind die Deutsche Geschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts, die vergleichende europäische Adelsgeschichte sowie die Geschichte Australiens. In seiner Biographie über Friedrich August Ludwig von der Marwitz geht er nicht chronologisch vor, sondern ordnet den Stoff des preußischen Generals und Politikers nach verschiedenen Aspekten: Familie und Verwandtschaft, Religion, ländliche Herrschaft, Militär und politisches Wirken. Über das Deutsche Kaiserreich legte er 2004 eine geschichtswissenschaftliche Einführung vor. Im Jahr 2023 legte er mit Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland ein Buch vor, in dem er anhand seiner eigenen Familie den Wandel bäuerlichen Lebens in Deutschland des 20. Jahrhunderts nachzeichnet. Für das Buch erhielt Frie 2023 den Deutschen Sachbuchpreis, der vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels verliehen wird.
(Quelle: Wikipedia, Foto: Fani Fazii)
Ein Hof und elf Geschwister – Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen, zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste. Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung – der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit.
Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.
Ewald Frie liest am 21. März 2024, um 19:30 Uhr, im Spiegelsaal des Neuen Rathauses. Bitte melden Sie sich zur Lesung an bei der Stadtbücherei Wilster, Telefon 04823/921336. Der Eintritt ist frei.
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